Karl Kraus ca. Josef Breitenbach

München
01.12.1932 – 09.02.1933

[182.] Während einer Vorlesung in München wurde Karl Kraus von dem Fotografen Josef Breitenbach mehrmals fotografiert, obwohl er ihm vorher mehrfach untersagt hatte, ihn aufzunehmen. Kraus beantragte durch die Rechtsanwälte Willy und Wilhelm Jakob Kahn nach den Grundsätzen des "Rechts am eigenen Bild" eine einstweilige Verfügung.

In einer eidesstattlichen Erklärung führte er aus: "Ein Herr Breidenbach hatte sich Ende Oktober 1932 in München darum beworben, mich zu photographieren. Er wurde abgewiesen. [...] Nach der Vorführung kam Herr Direktor Fischer auf das Podium und teilte mit grösster Aufregung mit, es habe sich etwas ungeheuerliches zugetragen. Jener Herr Breidenbach habe an 3 oder 4 Stellen des Hanneles Himmelfahrt seinen Photographenapperat in Tätigkeit gesetzt und in empfindlichster Weise die Nachbarschaft gestört. [...] Nebst der Störung des Vortrages an den wesentlichsten Stellen ist mir die blosse Vorstellung, dass eine solche Veröffentlichung derzeit oder wann immer in einer späteren Zeit, durch welche Zeitungen immer erfolgen würde, eine geradezu physische, unerträgliche Pein. [...] Ich würde als einer dastehen, der sich in bestimmten zurecht gelegten Posen vor dem Publikum photographieren und zur Schau stellen lässt. Ich habe ein berechtigtes Interesse an der Verhinderung solcher Taten schon aus dem Grunde, weil ich seit Jahrzehnten Zeitungen und Zeitschriften selbst Reproduktionen von bereits erschienenen Photos, die auschliesslich zu dem Zwecke hergestellt wurden, damit das Erträgnis aus dem Verkauf wohltätigen Zwecken zugewendet werde, verboten habe. Ich bin in jedem einzelnen Falle gegen eine Uebertretung dieses Verbots nach dem Recht am eigenen Bild eingeschritten." (182.2.)

Über den weiteren Verlauf gibt in dem Akt nur noch die Berichterstattung in den Münchener Neuesten Nachrichten und der Münchener Zeitung Auskunft: "Bei der Verhandlung ging es darum, ob 'Personen, die der Zeitgeschichte angehören', wie es im Gesetz heißt, sich das Photographiertwerden gefallen lassen müssen.§ (182.3.) Der Berichterstattung zufolge gab das Gericht Kraus Recht, doch Breitenbach legte Berufung ein. Der weitere Verlauf und Ausgang der Sache ist aus dem Akt nicht ersichtlich.