35. Vorlesung am 18.12.1912

Wien
18.12.1912

[Karl Kraus las in] Wien, im Kleinen Musikvereinssaal am 18. Dezember: I. Unsere Verwendbarkeit für China; Wer sein Kind lieb hat, der züchtigt es; Der Diplomat; Der König von Montenegro / Und in Kriegszeiten / Untergang der Welt durch schwarze Magie (aus S. 6—23) II. Herbstzeitlosen oder: Heimkehr der Sieger (Manuskript) mit Vorwort III. Aus der Aphorismenreihe »Nachts« / Der Dichter der Pippa und des Hannele; Durch Bahr zur Suffragette geworden. — Zugaben: Das Ehrenkreuz; Der Deutlichkeit halber; Der Bär; Zweiunddreißig Minuten. Ein Teil des Reinertrages dieser Veranstaltung fiel dem Österreichischen Roten Kreuz zu. Eine Besprechung erschien in der ‚Arbeiter-Zeitung‘ (Wien, 20., Richtigstellung 22. Dez.). [Die Fackel 366-367, 11.01.1913, 36] - zitiert nach Austrian Academy Corpus

Programmzettel

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I.

Glossen

Untergang der Welt durch schwarze Magie (Bruchstücke)

(5 Minuten Pause)

II.

(Aus dem Maunskript)

Herbstzeitlosen oder: Heimkehr der Sieger

(Die Stimme des Herrn. Ein älterer Redakteur. Zifferer und Klein. Der Redaktionschrist. Ein Redaktionsdiener. Münz.)

In dieser Satire führt die ganze ungeheuere Schmach der Balkan-Berichterstattung ihren Dialog. Wie in »Harakiri und Feuilleton« ist der Jargon wahrscheinlich nicht die realistische Nachbildung der äußern, wohl aber der innern Sprechart der Berufsträger. Zwanglos, wie von selbst, prädestiniert für diese Umformung, betten sich die scheinbar hochdeutschen Zitate in die Litanei des unseligsten Geistesjammers. Die Handlung entwickelt wieder, unter Verzicht auf jede äußere Begebenheit, das ruchlose Weltbild der Personen auf dem rein assoziativen Weg der Redensarten, die sie einander zuwerfen und abfangen. Der Inhalt ist die vermessene Gleichstellung und Angleichung von Weltglaube und »Blattgefühl«, der Sieg eines Ungeistes über die Realität, den in einem verrotteten Staatsleben das Machtbewußtsein des Journalismus längst errungen hat und den es am deutlichsten in den Tagen beweist, wo fast der Bericht das Ereignis zur Folge hat. Wie in »Harakiri und Feuilleton« ist der Autor nicht dafür verantwortlich, daß die Realität es mit den Namen so gut getroffen hat, daß Typen genau so heißen können wie Individuen.

(10 Minuten Pause)

III.

Aphorismen und Glossen

Änderungen vorbehalten

Während der Vorträge findet kein Einlass statt

Ein Teil des Reinertrages dieser Veranstaltung fällt dem Österreichischen Roten Kreuz zu

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