613. Vorlesung am 06.02.1932

Wien
06.02.1932

[Karl Kraus las im Offenbach-Saal am] 6. Februar:

I und II wie in Berlin, 11. Januar.

III Die Ballade vom Papagei / Definitionen / Optimismus. — Bureschs Traum. — Eine Umbesetzung. (Zugabe: Schobers Neujahrsgruß). — »An der Schwelle des Goethe-Jahres«.

[Die Fackel 868-872, 03.1932, 65] - zitiert nach Austrian Academy Corpus

Programmzettel

[...]

I

Ferdinand Raimund: Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär II 4 bis 7 (Musik von Josef Drechsler)

[...]

Kurze Pause bei verdunkeltem Saal

II

Vorbemerkung

Peter Altenberg: Die Maus / Landpartie / Besuch im einsamen Park / Die Seidenfetzerln

Vorbemerkung

Frank Wedekind

[Mit Verwendung der vom Dichter komponierten Musik]

Konfession (erschienen in der 'Fackel' Nr. 172, Dez. 1904)

Unterm Apfelbaum

Die Wetterfahne (erschienen in der 'Fackel' Nr. 197, Februar 1906)

Das Lied vom armen Kind (erschienen in der 'Fackel' Nr. 167, Oktober 1904)

Die Hunde

Der Zoologe von Berlin (erschienen in der 'Fackel' Nr. 182, Juni 1905)

Revolution (erschienen in der 'Fackel' Nr. 175, Februar 1905)

Vorbemerkung

Bert Brecht:

Aus »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« (Musik von Kurt Weill)

(14) Begbick, Die Männer, Jenny, Paul (Die Musik zu den gesprochenen Versen von Kranich und Wolke ist nicht der Oper entnommen, sondern hat nur untermalenden Charakter; die Umrahmung aus der Originalmusik)

(18) »Die Gerichte in Mahagonny waren nicht schlechter als andere Gerichte« (Originalmusik)

Pause

III

Karl Kraus:

Die Ballade vom Papagei (Couplet macabre, 1915) [Musik nach Angabe des Vortragenden]

Definitionen / Optimismus

Bureschs Traum (Manuskript)

Eine Umbesetzung (Manuskript). - Schobers Neujahrsgruß.

»An der Schwelle des Goethe-Jahres« (Manuskript)

Begleitung: Franz Mittler

Kürzung und Änderung vorbehalten

Ein Teil des Ertrags wird dem Frank Wedekind-Gedenkdonds zugeführt. Spenden für diesen an den Verlag der Fackel erbeten.

[Anzeige der »Timon«-Bearbeitung]

Von dieser Bearbeitung und sprachlichen Erneuerung sind seit dem 20. Oktober 1930 183 Exemplare verkauft worden, von denen 50 vom Berliner Rundfunk als Aufführungsmaterial erworben wurden, 10 von einem Liebhaber, der auch anderen zeigen wollte, wie Shakespeare für die heutige Bühne einzurichten ist, und zirka 15 offenbar der Verwechslung mit Bruckner zu verdanken sind.

[...]

Motivenbericht zu dem
(in Berlin am 11. Januar gehaltenen)
Vortrag »An der Schwelle des Goethe-Jahres«

Der Deutsche feiert Goethe

Götz von Berlichingen. Dieses sinnige Thema haben sich die »Argonauten« für ihr
Faschingsfest im Goethejahr ausgedacht. Diese Argonauten haben weder einen Ehrenausschuß noch ein Festprogramm aufgestellt, denn sie sind nur von dem einen
Ehrgeiz besessen, auch ihre schüchternsten und fremdesten Besucher in Schwung zu bringen. Heuer haben sie sich dazu den Anbahnungs-Automaten aus- gedacht, der Damen und Herren, die Anschluß suchen, mit automatischer Sicherheit zusammenführt. Wie? das eröffnet Ihnen der Freitag vor Faschingsdienstag (5. Februar) im Cherubin. Nähere
Auskünfte erteilt die Geschäftsstelle der »Argonauten«, Buchhändler Severing, München, Maximilianstraße 2 (Tel. Nr. 21 379). Karten im Vorverkauf bei Severing & Güldner, Hieber, Kaiser, Steinicke, Wallach. Studentenkarten bei dem Universitäts-Asta und an der Technischen Hochschule.

Der Österreicher feiert Goethe

… Auch Ritter Götz von Berlichingen war in Vertretung seines immer gut aufgelegten
Blattes in voller Waffenrüstung hoch zu Roß erschienen, ohne sein Zitat zu gebrauchen, der Mistbauer läutete, daß man es gassenweit hörte, und auch
der Erfinder der telephonischen »Zeitzählung« bekam in allen Faschingsehren seinen Teil. Der Festzug, der sicher mehr als zweihunderttausend Menschen
auf die Beine gebracht hatte, verlief ohne nennenswerten Zwischenfall. Die Rettungsgesellschaft hatte nur in wenigen Fällen leichten Unwohlseins zu intervenieren.

An der Schwelle

Eine schwierige Bedingung für die Ausführung des
Götz-Zitats.

Originalbericht des »Neuen Wiener Journals«.

Als Frau Johanna M. eines Tages die Stiege ihres Wohnhauses hinabging, kam gerade ihre vielgeliebte Nachbarin Anna W. herauf. »G’scherter Trampl,« grüßte Frau Anna W., »blödes Mensch« und fügte noch das Götz-Zitat in seiner populärsten Fassung hinzu. Frau Johanna verschlug es durchaus nicht die Rede. In ebenso derber, nicht wiederzugebender Art gab sie ihre Bedingung für die Durchführung der Aufforderung der Frau Anna bekannt. Ins Hochdeutsche und Zimmerreine übersetzt, besagte diese Bedingung nicht mehr und nicht weniger, als daß Frau Anna vorher den in Betracht kommenden, durch Goethe zur Literaturfähigkeit gelangten Teil ihrer Persönlichkeit mindestens acht Tage lang in die große Donau halten müßte. — —

*

Der Kontakt

Ein interessantes Regieexperiment Direktor Röbbelings.

Wie berichtet, plant Direktor Röbbeling, anläßlich der Goethe- Feier des Burgtheaters »Götz von Berlichingen« neueinstudiert herauszubringen. Direktor Röbbeling hat die Absicht geäußert, den »Götz« selbst zu inszenieren. Dabei will er ein interessantes Regieexperiment durchführen, indem er einen Teil der Handlung in den Zuschauerraum zu verlegen gedenkt, um derart den Kontakt zwischen Publikum und Stück inniger zu gestalten.

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