Brief Friederike Manner an Karl Kraus

Will ein Missverständnis aufklären, das nach Kraus Vorlesung entstand 
"Diesen Zettel schrieb ich Ihnen heute abends" [Incipit der Unterlage] 

Transkription: 

Verehrter! Diesen Zettel schrieb ich Ihnen heute abends. Ich habe das Gefühl, daß da ein Mißverständnis ist, welches der Aufklärung bedarf. Der Tag heute verlief gefühlsmäßig und den äußeren Umständen nach wie der Tag, an dem ich Sie zum ersten Male sprach. Daß er so ein Ende finden mußte! Es war wie Hohn. Mein Warten nach der Vorlesung war ein Ich-konnte-nicht-anders, also keine Vorwürfe. Heute haben Sie herrlich gelesen! Aber die „Nächtliche Stunde“ – bitte, nie wieder! Ich sterbe sonst! Das mit dem „guten“ Karl Kraus mündlich. Heute waren Sie gut! Ich komme morgen ca. um 5h bei Ihrem Hause vorbei und werde 10 Minuten warten, falls Sie mir das Wort, um das ich Sie bat, sagen wollen. Wenn Sie nicht kommen, rufe ich Sie an, sobald die Fackel „heraußen“ ist. (Bitte, Sie haben „heraußen“ gesagt!) Diesen Brief erlaubte ich mir, um meine Verzweiflung etwas zu lindern. Bitte um Verständnis! Friederike

Signatur: 
H.I.N.-238907
AutorInnen: