Karl Kraus ca. Städtische Bühnen Essen

Essen
10.03.1932 – 21.01.1933

[176.] Die Städtischen Bühnen Essen nahmen nicht vereinbarte Kürzungen an der Krausschen Fassung von Offenbachs "Madame L'Archiduc" vor – vor allem strichen sie die von Karl Kraus eingefügte Verherrlichung Offenbachs am Schluss.

Der Intendant und Regisseur Rudolf Schulz-Dornburg verteidigte sich, dass dies "in grösster ehrfurcht vor Ihrer wundervollen arbeit" geschehen sei: "leider fiel in unsere probenarbeit eine bedenkliche krankheits-epidemie im personal, durch die ich im letzen augenblick durch einspringende gäste nicht ganz erreicht habe, was mir vorschwebte. [...] die einzige erhebliche änderung, zu der ich mich schweren herzens entschlossen habe, war der schluss. man hat hier im ruhrgebiet seit monaten in alberner weise über die sogenannte offenbach-renaissance gespöttelt und ich musste gefahr laufen, dass die von Ihnen eingefügte verherrlichung offenbachs im schluss-finale die wirkung der aufführung wesentlich geschwächt hätte." (176.3.)

Kraus und Samek suchten dennoch einen Anwalt aus der Umgebung, um Strafanzeige wegen Urheberrechtsverletzung gegen ihn zu erstatten. Willy Katz empfahl den Dortmunder Anwalt Otto Elias, der versicherte: "[...] ich werde dieser Sache mit ganz besonderem Eifer mich annehmen, nachdem ich es als besondere Auszeichnung empfinde, die Interesse [...] des Herrn Karl Kraus im hiesigen Industriebezirk vertreten zu dürfen." (176.16.)

Seine Bemühungen wurden allerdings dadurch erschwert, dass Kraus mit dem Strafantrag sehr lange zugewartet hatte, in der Hoffnung, es würde auf seine Briefe entsprechend reagiert werden. Die Essener Bühne hat das Stück inzwischen abgesetzt. Zudem fragte sich Elias, ob Kraus wirklich eine "Aktivlegitimation" habe, da das Theater den Vertrag ja mit der Universal Edition abgeschlossen habe. Zudem löste Kraus den Vertrag mit der Universal-Edition gerade auf, was Elias noch mehr Bedenken verursachte. Die Generalstaatsanwaltschaft lehnte tatsächlich die Strafverfolgung von Schulz-Dornburg ab – es sei kein öffentliches Interesse gegeben – und verwies auf den Weg der Privatklage. Diesen beschritten Kraus und Samek allerdings nicht, da die Kosten zu hoch und der Erfolg zu unsicher waren.