Rezension der Pfälzischen Post

[...] Der Besuch war eine Blamage für Mannheim, für dasselbe Mannheim, das auf die Ankündigung des persönlichen Auftretens Frank Wedekinds hereinfiel und bei der Aufführung des »Erdgeist« das Theater bis auf den letzten Platz füllte, weil es eine Sensation erwartete. Goethe kannte das Publikum und nannte es halb kalt und halb roh. Es wußte auch mit Karl Kraus nichts anzufangen. [...] Darüber kann auch der verhältnismäßig riesige Beifall nicht hinwegtäuschen, den der Vortragende namentlich am Ende seiner Vorlesung erhielt. [...] Man konnte den Blick kaum wegwenden von diesem bleichen Gesicht . Und tat man es dennoch, so faszinierte der eindringliche Ton seiner harten Stimme, die bald monoton, bald krächzend, bald melodisch das Ohr gefangen nahm und das Hirn zum Mitdenken zwang und einem beinahe Grauen einflößte. [...] Sein zuckender Mund, die bewegliche Miene und die sprechende Geste bewies nur zu deutlich, daß sein Streben nach Veredlung der Menschen die Triebfeder seiner Kritik an den öffentlichen Zuständen ist, dem er die stärksten Worte und die anschaulichsten Bilder leiht [...]

[Pfälzische Post:, **.02.1914 zitiert in: Die Fackel, 395-397, 28.03.1914, 41] - zitiert nach Austrian Academy Corpus

 

Datum: 
**.02.1914