Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

Rezension der Reichspost

.... Man kann sich in Wien nicht mehr darauf verlassen, daß der große Musikvereinssaal vor Überfüllung sicher ist, wenn er eine von der Großpresse totgeschwiegene Veranstaltung beherbergt. Man konnte es gestern neuerlich staunend konstatieren: Die Mißachtung der Börseanerpresse ist sogar tief in jene Bevölkerungsschichten vorgedrungen, deren Gesichtszüge eine solche Gegnerschaft und innere Freiheit nicht im mindesten ahnen lassen. Karl Kraus also hielt im Großen Musikvereinssaal, der gestern viel zu kleine war, die Gedenkrede: »Nestroy und die Nachwelt«.

Signatur: 
L-137743

Rezension der Wiener Mittagszeitung

(Vorlesung Karl Kraus.) Es war nicht die erste. Vielmehr in dieser Saison allein bereits die fünfte, die der streitbare Satiriker als Gast des akademischen Verbandes gehalten hat. Die ungewohnte Methode dieser Veranstaltungen, die sich sozusagen lediglich von innen heraus vollziehen, hat bis jetzt die Presse auch als Referentin ferngehalten. Heute, da diese Rezitationen zur Institution geworden sind, wäre ein weiteres Schweigen deplaciert. Schon der unleugbar eminenten künstlerischen Bedeutung dieser Abende gegenüber.

Signatur: 
L-137743

Rezension der Wage

Am Mittwoch veranstaltete Karl Kraus im kleinen Musikvereinssaal seine sechste Vorlesung in dieser Saison vor einem zahlreich erschienenen Publikum. Die erste Abteilung war Peter Altenberg gewidmet und brachte ein Anzahl der schönsten Skizzen aus seinem jüngsten Buche »Semmering 1912«. Kraus war ebenso bedeutend in der Herausarbeitung der lyrischen wie der komischen Elemente und hat »diese von Gott autorisierte Übersetzung des Menschen in die Sprache« mit allen Feinheiten seiner ungewöhnlichen Vortragskunst interpretiert.

Signatur: 
L-137743
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