Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

Seiten

58. Vorlesung am 22.11.1913

22.11.1913
Berlin

[Karl Kraus las in] Berlin, im großen Saal des Architektenhauses, 22. November: I. Mir schwirrt der Kopf; Die Welt der Woche; Was wir hoffen; Der kleine Brockhaus; Wir haben es besser; Aphorismus von den Dummköpfen; Kokoschka und der andere; Kompagnons / Die neue Art des Schimpfens II. Den im Grunewald / Die Sprache der Konzertagentur; Wenn Herr Harden glaubt; Der Sadist; Ein Satz; Der liebe Gott; Das kommt von den Vorurteilen; In der Werkstatt; In Ehrerbietung; Es ist nicht wahr …; Pfleget den Fremdenverkehr / Der Neger III. Tod und Tango.

Rezension der Staatsbürger-Zeitung

Einem witzigen Spötter erwarteten wir zu begegnen, und vor uns trat ein Ungeheuerlicher. Man muß an ägyptische Königsmasken denken angesichts dieser schneidenden Grausamkeit, in der nichts Niedriges sich verbirgt, dieser gehämmerten Erscheinung fanatischer Verachtung, aus der durch alle überlegene Eleganz des Hohnes ein überwältigender Kulturwille spricht. Er wendet sich gegen das Halbe und Hemmende, am schärfsten gegen die Kulturheuchelei, ob sie nun Harden, Richard M.

Signatur: 
L-137743

59. Vorlesung am 25.11.1913

25.11.1913
Dresden

Karl Kraus las in Dresden, im kleinen Saal des Künstlerhauses, 25. November: I. Der Traum ein Wiener Leben / Die Welt der Plakate II. Ostende, erster Morgen; Die Welt der Woche; Der kleine Brockhaus; Wir haben es besser; Schlichte Worte; Wenn Herr Harden glaubt; Die Sprache der Konzertagentur; Den im Grunewald; Der Deutlichkeit halber; Was ham S’ gsagt; Von den Dummköpfen; Gefährlich; Ein Satz; Pfleget den Fremdenverkehr; Nicht auszudenken / Der Neger. — Tod und Tango. [Die Fackel 389-390, 15.12.1913, 21] - zitiert nach Austrian Academy Corpus

Rezension des Dresdner Anzeiger

Vergangenen Dienstag stellte sich uns im Künstlerhause ein Wiener vor, den wir bald als anregenden Plauderer und sinnigen Spötter kennen lernten. Seine erste Vorlesung Der Traum, ein Wiener Leben, erinnerte im Aufbau mit seinen grotesken Formen an Ettlingers Fräulein Tugendschön. Für den, der die österreichischen Verhältnisse nicht genau kennt, war es schwer, Karl Kraus durch seine wüste Traumphantasie zu folgen. Hinter einem scheinbar grausigen Wirrwarr verbarg sich aber grimmiger Spott.

Rezension der Dresdener Zeitung

Der Wiener Schriftsteller Karl Kraus genießt in dem engeren Bezirk seines journalistisch satirischen Wirkens den Ruf eines schrecklichen Drachentöters. Nun hat man ihn am Vorlesetisch im kleinen Saale des Künstlerhauses gesehen und findet ihn gar nicht so wild und fürchterlich. Ein klarer, heller Kopf mit satirischer Veranlagung, der die AngriffsfIächen des öffentlichen, kommunalen und politischen Lebens mit Pfeilen spickt. Den Wienern mag wohl manchmal die Haut jucken. Aber etwas Dämonisches und Abgründiges ist nicht in seiner ganzen Art zu entdecken.

Rezension der Dresdener Zeitung

Karl Kraus, den man seiner Herkunft nach immerhin einen Wiener nennen muß, las gestern im kleinen Künstlerhaussaale aus seinen Werken vor. Zu ihrem Verständnis wird wenigstens einige Vertrautheit mit der Atmosphäre Wiens vorausgesetzt, denn Karl Kraus ist der frenetischeste Widersacher seiner Landsleute, dieses ganzen Menschenschlags, der Behörden, der Kulturschlamperei, und geht bei seinen Betrachtungen, wie gebannt, zumeist von ihnen aus.

60. Vorlesung am 28.11.1913

28.11.1913
Prag

[Karl Kraus las in] Prag, im Central-Saal, 28. November: I. Ein weitverbreitetes Mißverständnis; Militanten / Die Kinder der Zeit / Die Welt der Woche; Die Sprache der Konzertagentur; Wir haben es besser; Was ham S’ gsagt; Der liebe Gott; In Ehrerbietung; Kompagnons; Von den Dummköpfen / Titanic II. Nicht auszudenken; Pfleget den Fremdenverkehr; Eine Kollektion Ansichtskarten / Die Schuldigkeit / Tod und Tango / Der Neger III. Eine Prostituierte ist ermordet worden. [Die Fackel 389-390, 15.12.1913, 21] - zitiert nach Austrian Academy Corpus