Publikum

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

Seiten

Rezension durch Alfred Kerr

Karl-Kraus-Vorlesung.

 

 

Lustspielhaus.

I.

Neugier empfand ich, Kraus in seiner heutigen Thersituation zu sehen. Er hatte mich gestern, am Lützowufer war es, besucht — als Mitarbeiter derselben Breslauer Zeitung. Gestern; das Leben lag dazwischen. (Schiller: pfeilgeschwind.)

II.

Indessen Krach; Abgrenzung. Innen, bei mir, mit Lächeln. Er sagt jetzt wahrhaftig ein Gedicht, worin er schon zurückschaut. Auf die Wolter .... und so. Das liegt mir gar nicht.

AutorInnen: 

Brief Hans Popper an Karl Kraus

Bitte, das Gedicht "Jugend" in der diesmaligen Prager Vorlesung zu lesen 
"[...] gestatten Sie mir als altem und erprobtem Anhänger Ihres Wirkens und Seins eine Bitte" [Incipit der Unterlage] 

Signatur: 
H.I.N.-242723
AutorInnen: 

Erinnerung von Ruth Seydewitz

„Auf die Bühne kam ein kleiner, nicht sehr bedeutend aussehender Mann..., er warf auch kaum einen Blick in den überfüllten Saal, als ob er die Zuhörer geradezu als lästig empfände. Ohne Gruß, ohne Einleitung begann er zu lesen. Es war, als würden glühende Kohlen über mein Haupt geschüttet, so ergriff mich die Stimme. [...]“

[Ruth Seydewitz, Alle Menschen haben Träume, Meine Zeit - Mein Leben, Berlin 1976, zitiert nach: Friedrich Pfäfflin (Hg.), Aus großer Nähe. Karl Kraus in Berichten von Weggefährten und Widersachern, Göttingen 2008, 219]

AutorInnen: 

Erinnerung von Berthold Viertel

Karl Kraus, der Vorleser, wird jeden, der ihn vorher nur gelesen und nicht lesen gehört hatte, überraschen. Nicht daß er anders wäre, als man ihn sich vorstellen muss – als er ist! Aber die Energie, die Konsequenz der Durchführung überbietet auch den kühnsten Vorsatz, den der Leser im Geiste seines Autors gefaßt hatte. So wenig ist dieses Pathos gegen die Skepsis der Zeit gedeckt. Kein Burgtheater würde heute diese ungebrochene Tonfülle wagen, die ein Redner ohne Bühne und Kothurn erklingen läßt.

AutorInnen: