Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

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Rezension der Narodni Listy

Karel Kraus v Praze. Břitký vídeňský satirik a krutý posuzovatel literatury, tisku, soudnictvi a veřejného života, přednášel v pátek večer pražskému obecenstvu. Po Shakespearovi a Jeanu Paulovi došlo na vlastni tvorbu hostovu, jmenovitě na jeho prudké, řezavé invektivy proti justici, literárním porotám a praktikám vídeňského tisku, jehož je vydavatel »Fackel« davným opovědným nepřitelem. Výbuchy smíchu, sledující neodolatelný satirický talent jeho, střídaly se s chvílemi, kdy se mu dařilo přenésti na obecenstvo část své vášně proti každé křivdě, ať vystupuje kdekoliv a kdykoliv.

Rezension der Reichspost

.... Man kann sich in Wien nicht mehr darauf verlassen, daß der große Musikvereinssaal vor Überfüllung sicher ist, wenn er eine von der Großpresse totgeschwiegene Veranstaltung beherbergt. Man konnte es gestern neuerlich staunend konstatieren: Die Mißachtung der Börseanerpresse ist sogar tief in jene Bevölkerungsschichten vorgedrungen, deren Gesichtszüge eine solche Gegnerschaft und innere Freiheit nicht im mindesten ahnen lassen. Karl Kraus also hielt im Großen Musikvereinssaal, der gestern viel zu kleine war, die Gedenkrede: »Nestroy und die Nachwelt«.

Signatur: 
L-137743

Rezension des Tagesboten Brünn

.... Eine ungleich bedeutendere und eindrucksvollere Nestroyfeier war die, die der Satiriker Karl Kraus im großen Musikvereinssaale abhielt. Kraus sprach über das Thema »Nestroy und die Nachwelt«. Sein wahrhaft kongenialer Vortrag ist inzwischen in Nr. 349/350 der ‚Fackel‘ erschienen, so daß jedermann das kleine Meisterwerk nachprüfen und genießen kann.

Rezension der Wiener Mittagszeitung

(Vorlesung Karl Kraus.) Es war nicht die erste. Vielmehr in dieser Saison allein bereits die fünfte, die der streitbare Satiriker als Gast des akademischen Verbandes gehalten hat. Die ungewohnte Methode dieser Veranstaltungen, die sich sozusagen lediglich von innen heraus vollziehen, hat bis jetzt die Presse auch als Referentin ferngehalten. Heute, da diese Rezitationen zur Institution geworden sind, wäre ein weiteres Schweigen deplaciert. Schon der unleugbar eminenten künstlerischen Bedeutung dieser Abende gegenüber.

Signatur: 
L-137743

Rezension der Deutschen Montagszeitung

Er war in Berlin. Viel werdet ihr davon nicht gemerkt haben, Zeitungsleser, denn dieser Landsmann Roda Rodas ist so wenig Gesinnungsgenosse solcher Lustigkeit, daß ihn die Presse nicht ernst nimmt und ihm seine Existenz im geistigen Deutschland am liebsten abschweigt. [...] Aber er war wirklich in Berlin, ich nehme das auf meinen Eid; ich und noch ein paar Hundert andere haben am Dienstag im Choralionsaale seiner Leiblichkeit und der Emanation seines Geistes beigewohnt, welche dem Felsen entronnen waren.

Rezension der Ostdeutschen Rundschau

Fackel-Kraus in Berlin. Der Spinoza der Leopoldstadt hat an der Spree seine unsterblichen Werke vorgelesen. Mit welchem Erfolge, das beweist die nachstehende Kritik des bekannten Heinrich Binder: »Und nun war Kraus in Berlin. Er las hier im Choralion-Saal seine neuesten Werke vor, um den Berlinern einmal zu zeigen, was eine Harke ist. Was sah und hörte man: Den affektierten, hohlen, in Worten schwelgenden, urechten Weaner — Viel Schmalz, viel Hamur, viel Duliöh!

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Rezension des Prager Tagblatt

Ein übervoller Saal; auf den Sitzen elegantes Damenpublikum, längs der Wände, Kopf an Kopf, in enggeschlossenen Reihen junge und ältere Männer, Studenten, Künstler, Schriftsteller, Kaufleute. An der Kassa und in der Garderobe ein fürchterliches Gedränge; an zweihundert Personen, die Karten verlangen, müssen abgewiesen werden. Dies das äußere Bild des vorgestrigen Kraus-Abends, des vierten seit zwei Jahren.

Rezension der Bohemia

Karl Kraus, der Thersites des Wiener Feuilletons, las gestern wieder einmal in Prag. Im Palacehotel versammelte er seine Schätzer und alle die, welche noch außerdem an dem scharfzüngigen Polemiker und Aphoristiker ein Interesse nehmen. Man hörte zunächst einige Szenen aus Nestroys Posse »Die beiden Nachtwandler«, die der Wiener Satiriker wohl aus Sympathie für die grotesken Sittenzeichnungen dieses vormärzlichen Wiener Daumiers gewählt hatte und mit behaglicher Versenkung in alle Details menschenverachtender Schilderung menschlicher Niederträchtigkeit vorlas.

Rezension der Reichspost

Mit nur eigenen Schriften bestritt Karl Kraus seine am 7. d. im Beethovensaale abgehaltene Vorlesung. Nebst kleineren Glossen bekam man »Die chinesische Mauer«, »Das Erdbeben« und »Die neue Art des Schimpfens« zu hören. Die Mühelosigkeit, mit der sich diesem Vorleser allerorten die größten Säle füllen, hat etwas unstreitbar Grandioses an sich. Auch am letzten Freitage waren so viele Hunderte zusammengeströmt, als der Saal nur irgend fassen konnte, von keiner anderen Werbetrommel zusammengerufen, als von der dem Ereignisse innewohnenden Bedeutung.