Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

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Rezension der Schaubühne

Sie schicken mir ein Blatt mit einer gigantischen Schmockerei, die ich »festnageln« soll. Nicht doch. Daß die Alice Schalek existiert, das könnte einem den Glauben an die Menschheit nehmen, wenn es nicht den Karl Kraus gäbe, um dessentwillen man ihn nie verlieren wird. Er spaltet eine solche Existenz mit einem leichten Kernhieb mitten durch, indem er einfach ihren Namen nennt. Ich übertreibe nicht.

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Rezension des Berliner Börsen-Courier

Der Vorleser Karl Kraus ist eine notwendige Ergänzung und Fortsetzung des Schriftstellers. Die Energie, die seiner Satire den Ausdruck gibt, das Temperament, das seinem Pathos die Schwere und Dicke fernhält, stehen hinter seinem rezitatorischen Vortrag und nehmen ihm, gerade wenn Kraus sich selbst liest, alles kleinlich Propagandistische und aufdringlich Agitatorische. Kraus bleibt hell, scharf, präzise, plastisch.

AutorInnen: 

Rezension der Weltbühne

— — Daß seine vier Abende die Theatersaison aufwiegen, wäre kein hohes Lob, da diese Theatersaison nichts wiegt. Aber er nähm’ es mit jeder auf. Wenn er Dramatiker liest wie Nestroy, Hauptmann, Shakespeare, so ist das nicht Ersatz für die Bühne: sondern die Bühne mit ihrem gewaltigen Apparat ist ein unvollkommener Ersatz für die eine Stimme, die aus ihrer Fülle mühelos ganze Ensembles versieht.

AutorInnen: 

Rezension der Deutschen Montags-Zeitung

»Karl Kraus.«

Es steht ein Mann vor uns, der ein Kämpfer ist; ein Mann, des heißesten Lebens voll. Es steht ein Mensch vor uns, den wir lieben.

Sein Beruf? Der Antijournalist. Der Tagesschriftsteller, dessen Werke unsere Enkel lesen werden. Er packt das Sein in den alltäglichsten Begebenheiten: da wird es unter seinen Händen menschliches Schicksal. — —

Sein Thema? Das Leben. Und wo er’s faßt, greift er in Menschenschande. Er bausche es auf? Ach, man weint bei seinem trostlosen Spott, der unser Herz bluten macht: daß die Menschen so jämmerlich sind. — —

AutorInnen: 

Rezension des Vorwärts

Karl Kraus las aus seinen Dichtungen an zwei Abenden für die hungernden Wiener Kinder. Gestern im Meistersaal. Vor einer dichtgedrängten Masse. Und es gehört zum Bilde, zu sagen, daß sie ganz aus den jungen Lebensaltern bestand. Also: die Generationen der nächsten Zukunft drängen sich nach seinem Wort. Und dies Wort ist Sonnewollen und Frühlingsbegehren, und es ist Bruch mit dem, was gestern übermächtig war, auffliegender Helldrang und schonungslos richtender, hinrichtender Bruch.

Rezension der Vossischen Zeitung

Karl Kraus, der Mann der Wiener »Fackel«, las im Bechsteinsaale vor einem Kreise treuer Hörer. Ihrem Enthusiasmus bot er zwei Akte aus Hauptmanns »Webern« und den Epilog seiner eigenen Kriegsdichtung »Die letzten Tage der Menschheit«.

Rezension des Vorwärts

Karl Krauß, der im überfüllten Bechsteinsaal las und den ganzen Abend lang bejubelt wurde, hat so überaus recht, wenn er behauptet, man müsse Tag für Tag in das vergeßliche Gehirn die Erinnerung an all das Elend, an all die Grausamkeit und Roheit des Krieges kneten, damit denen, die schon erneut sich anmaßenden Ton gestatten, ihr Treiben vorgehalten wird. Und es ist ja auch gewiß recht, daß über allen Wirren des Tages »das Lied der großen Zeit« schon fast aus dem Gedächtnis schwand, so daß nur noch ein verblaßtes gutmütiges Rückschauen vorhanden ist.

Rezension der Deutschen Zeitung

Auch ein Vortragender. Man lobte ihn in allen Tonarten, darum ging ich hin. Die Gesellschaft war bunt-orientalisch-christlich-galizisch. Vereinzelte Geistigkeit darunter. Saal: Künstlerhaus, Bellevuestraße. Vortragender: Herr Karl Kraus aus Wien. Fackelschwenker seinerzeit, ehrlicher Hasser des Krieges. (Ehrlichkeit zugestanden!) Nun Begeiferer alles Gewesenen.